Nachdenkliches

Perspektiven schaffen und drogenfrei leben

Rolf Sterk stellt als Gast beim Kreuzbund-Treffen in Beinrode „die Fleckenbühler“ vor

Rolf Sterk aus Hessen nahm als Gast am Jahrestreffen der Thüringer Kreuzbundgruppen auf dem Gut Beinrode teil. Der Verantwortliche für Öffentlichkeitsarbeit informierte über die Tätigkeit der Selbsthilfegemeinschaft „die Fleckenbühler“, einem gemeinnützigen und mildtätigen Verein. Geld weg, Wohnung weg, Arbeit weg, Familie weg, Freunde weg. Das ist die Situation von Rolf Sterk aus Hessen, als er in den 1990er-Jahren bei den „Fleckenbühlern“ vor der Tür stand, bekleidet mit einer zerrissenen Jeans. Ohne Koffer, denn er besaß nichts mehr, was er hätte hineinpacken können. Mit dreizehn Jahren hatte der heute 62-Jährige angefangen zu trinken. „Ich habe gesoffen, dann folgten die Drogen, Heroin gehörte dazu“, lautet seine Bilanz.

Diese Jahre hat er hinter sich gelassen. Inzwischen ist er verheiratet, hat zwei Kinder, arbeitet als Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit in der gemeinnützigen und mildtätigen GmbH „die Fleckenbühler“, deren Motto lautet: „Perspektiven schaffen – drogenfrei leben“. Zur Arbeit von Rolf Sterk gehören Vorträge und Gruppengespräche, die ihn in die verschiedenen Bundesländer führen.

Ein Wochenende mit Gesprächen und Austausch.

Am vergangenen Wochenende sprach er auf dem Gut Beinrode beim Kreuzbund-Jahrestreffen, eingeladen vom Kreuzbund des Diözesanverbandes Erfurt, Fachverband des Caritasverbandes für das Bistum Erfurt. Ein solches Treffen der Selbsthilfegruppen für Suchtkranke und Angehörige musste aus den allseits bekannten Gründen 2020 reduziert werden, beschränkte sich aufgrund der Coronapandemie auf eine Tageszusammenkunft der in Leinefelde ansässigen regionalen Kreuzbundgruppe für das Ober- und Untereichsfeld. Diesmal stand den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Selbsthilfegruppen Sömmerda, Erfurt, Eisenach, Vacha und dem Eichsfeld wieder ein ganzes Wochenende zur Verfügung, worüber sie sehr froh waren. Am Sonnabend war in guter Tradition Pfarrer Markus Hampel aus Worbis zu ihnen gekommen, als Geistlicher Beirat des Diözesanverbandes. Gemeinsam feierten alle nach Beinrode Gereisten in der Kapelle des Gutes eine Andacht.

Wer Hilfe braucht, kann Tag und Nacht klingeln

Beim aktuellen Jahrestreffen wurde Frank Hübner aus Sömmerda, erster Vorsitzender des Kreuzbundes im Diözesanverband Erfurt, für seine unermüdliche Tätigkeit ausgezeichnet. Seit 25 Jahren übt er dieses Ehrenamt aus, ist auch im Eichsfeld dank seines Einsatzes kein Unbekannter. Bei dem informativen und persönlichen Vortrag von Sterk nutzten die Gruppenmitglieder die Gelegenheit, ihm Fragen zum Verein „die Fleckenbühler“ zu stellen. Hinter dem Vereinsnamen stehen der große landwirtschaftliche Betrieb Hof Fleckenbühl in Cölbe, Landkreis Marburg-Biedenkopf, für derzeit 130 Menschen, das Haus in Frankfurt/Main mit 70 Betroffenen und die Jugendhilfe Haus Leimbach in Willingshausen im Schwalm-Eder-Kreis für 30 Jugendliche. Aufgenommen werden Suchtkranke unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität, Weltanschauung – ohne vorherige Terminvergabe. Ein Aufnahmeteam sichert, dass Menschen, die Hilfe brauchen, Tag und Nacht klingeln können. In Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer, der Agentur für Arbeit und der Jugendhilfe üben die Frauen und Männer eine Tätigkeit aus, erlernen einen Beruf oder erwerben einen Schulabschluss. Bleiben darf, wer die drei verbindlichen Grundregeln akzeptiert: „Keine Drogen, kein Alkohol, keine bewusstseinsverändernden Medikamente“; „Keine Gewalt, keine Anwendung von Gewalt, keine Provokation“; „Kein Nikotin“.

Im Hinblick auf die therapeutische Selbsthilfegemeinschaft „die Fleckenbühler“ fasste Rolf Sterk zusammen: „Man muss lernen, muss die Bereitschaft haben, nüchtern zu sein. Das lernt niemand aus einem Buch und das kann man nicht morgens mit dem Teelöffel einnehmen.“

Christine Bose, Beinrode