Nachdenkliches

Ein Brief an den Alkohol!

Abschied vom Alkohol.

Hallo Alkohol,

heute schreibe ich dir aus meinem Herzen. Ich muss schreiben was ich fühle und erkannt habe durch die lange Freundschaft mit dir. Ich weiß gar nicht mehr so recht, wann du in mein Leben tratst. Aber eins weiß ich, dass ich schon vor vielen Jahren sehr empfänglich für dich war.
Wenn ich heute zurückdenke, warst du mir sehr willkommen. Also wenn du mir gesagt hättest: „Hallo ich bin der Alkohol und möchte dein Leben zerstören, und dich zum Sklaven machen.“, ich hätte nur gelacht. Zwar hab ich schon von woanders her davon gehört, dass du süchtig machst, aber ich hab gedacht: bei mir doch nicht! Über der Freundschaft mit dir stand großgeschrieben: Herzlich willkommen, hier ist die Freiheit, hier ist das Glück, hier ist Erleichterung und Genuss. Das habe ich geliebt. Schöne Versprechen waren das. Ich fühlte mich stark genug und willigte ein dich in mein Leben zu lassen. Das Tor war breit und nicht schwer zu durchschreiten. Mittlerweile weiß ich, dass deine Freunde, alle dieselbe Sprache sprechen. (Spielsucht, Drogensucht, Sexsucht, Pornosucht, Internetsucht usw.) Über die Freundschaft mit dir habe ich nicht gern gesprochen, aus Scham vielleicht oder so und doch war sie im Herzen fest verankert. Die Vorfreude auf die Momente, Stunden, Tage mit dir ließen mein Herz einfach höherschlagen. Aber je größer die Vorfreude und der Rausch auch waren, desto größer war der Fall danach.
Warum war das so? Nun aufgrund der Erfahrung mit dir, weiß ich das mein Herz eine tiefe Sehnsucht nach Erleichterung hat, immer einen Durst nach mehr. In mein Herz passt viel rein, auch die Freundschaft mit dir. Und doch blieb mein Herz leer. Du hast mich nicht erfüllt.
So oft war ich voll, aber nicht erfüllt.
Immer ist die kurze anfängliche Stimmung gekippt.
Du hast versprochen – aber nichts gehalten.
Du hast dein Gesicht verstellt – ich bin drauf reingefallen.
Dein Angebot war verlockend – aber das was du zu bieten hattest war nichts.
Du hast gesagt ich trage dich – du hast mich fallen gelassen.
Du hast gesagt ich gebe Erleichterung – aber das Ende war erdrückend.
Am Anfang hab ich gesagt, ich will dich besitzen, aber mit der Zeit bis zum Höhepunkt im Mai 2017, hast du mich besessen. Du hast mich zum Sklaven gemacht.
Du bist der Mörder im Wrack. So nennt man dich, hab ich später erfahren. Viele nennen dich auch Teufelszeug. Oh… so schlimm ??? Ja, ich hab`s erlebt. Da fällt mir doch glatt ein, was Johann Wolfgang Goethe über den Teufel sagte: „Den Teufel spürt das Völkchen nie, selbst wenn er sie beim Kragen hätte.“ Ich möchte trotz allem gern stehen lassen, dass man dich sogar nützlich gebrauchen kann, in Medizin usw. Aber das ist eine andere Schiene.
Ich bin dein Sklave geworden, wie an der Hundeleine, wie ärmlich. Selbst dann als ich nicht mehr von dir lassen konnte, waren deine Versprechen immer noch super, z.B.: was? Du willst mich verlassen? Was für ein Verlust. Ach komm noch ein bisschen, dieses Wochenende
nochmal. Ich war doch immer da. Nun hab dich nicht so, was soll`n die anderen denken und so weiter und so weiter. Bis der Höhepunkt erreicht war und ich am Scheideweg stand und eine Wahl treffen musste: Entweder du oder? … endlich begriff ich, dass du und meine Frau und meine Kinder, nicht zusammen gehen konnten. Ich musste aufdecken und bekennen.
Die Bemühungen meiner Frau und meines Besten Freundes wohlbemerkt, die für mich kein Zufall waren, haben mir sehr geholfen, mich offen und ehrlich der Trennung von dir zu stellen. Eine anschließende Entzugsbehandlung öffneten mir erst recht deinen wahren Charakter. Auch die Aufnahme in der Selbsthilfegruppe von Frank Hübner, tat mir gut bis jetzt. Da hab ich ehrliche Leute kennengelernt, die man selten findet.
Der Abschied war Anfangs ein großer Kampf, denn deine Angebote stehen noch immer.
Und jetzt? Mein Herz sehnt sich genauso wie vorher nach Erfüllung, Erleichterung usw.
Du fragst dich sicher, wie mach ich das jetzt nur. Nun das kann ich genau sagen: Ich habe wieder neu eine Quelle für meine Seele gefunden, wo ich meinen Durst nach echtem Leben stille, eine lebendige Quelle die nie versiegt. Da kannst du und nichts anderes mithalten. Auch hab ich wieder entdeckt dass meine Frau, meine Familie ein echter Segen sind. Dieses wertvolle Bewusstsein möchte ich mir nicht nehmen lassen, nicht durch dich oder einen anderen Einfluss dieser Zeit. Und wenn es mich überkommt oder schwer wird, will ich nicht mehr Zuflucht zu dir nehmen.

Deswegen sag nur noch: Tschüss Alkohol.

Christoph
Kreuzbundgruppe Sömmerda1